Ehrlichkeit

Sind Sie immer ehrlich?

Früher wurde Ehrlichkeit sehr geschätzt. Man sollte nie lügen, sondern immer ehrlich sein. So steht es in der Bibel. So hat es mich auch mein Vater gelehrt. Und ihn sein Vater. Darüber berichten auch zahlreichen Geschichten. Kennt Ihr die Geschichte „Zaren Samen“? Auch da ist die Rede von der Ehrlichkeit. Es lebte einmal ein Zar, der schon alt geworden ist und er wollte zwischen allen jungen Männern seines Landes seinen Nachfolger aussuchen. So rief er sie alle zu sich und sagte: „Es ist die Zeit gekommen, mein Zarenreich in  junge Hände zu übergeben. Und ich habe mich entschlossen, das soll einer von euch sein. Ich gebe jedem von euch einen Samen. Pflanzt ihn, gießt und pflegt ihn und nach einem Jahr kommt ihr alle mit dem was aus diesem Samen entstanden ist wieder zu mir. Auf Grund dessen was ihr mir dann vorzeigt werde ich meinen Nachfolger bestimmen.“

Darauf verteilte er die Samen und entließ die jungen Männer. Genau wie alle anderen, hat auch ein Junge einen Samen bekommen. Damit eilte er nach Hause und erzählte alles seiner Mutter. Die Mutter fand für den Samen ein geeignetes Gefäß und der Junge pflanzte seinen Samen in die Erde hinein. Er goss ihn, stellte ihn in die Sonne aber es geschah nichts. Keine Pflanze wuchs daraus. Nach paar Wochen erzählten alle jungen Männer von ihren prächtigen Pflanzen die aus dem Samen herauswuchsen, nur unser Junge hatte nichts. Egal mit wie viel Aufmerksamkeit und Liebe er sich um den Samen kümmerte, es geschah nichts. Als die Zeit kam, wieder mit dem was aus dem Samen geworden ist vor den Zaren zu treten, hatten alle junge Männer prächtige Pflanzen vorzuzeigen. Nur er hatte den Topf mit der Erde und Samen darin aus dem nichts gewachsen ist bei sich. Deshalb wurde er sehr traurig und betrübt und dachte er hat etwas falsch gemacht und den Samen getötet.

Bald kam auch der Zar in den Saal, wo die jungen Männer versammelt standen. Er begutachtete jeden einzelnen, setzte sich auf seinen Thron und sagte: „Ihre Pflanzen sind wunderschön. Heute wird einer von euch zu meinem Nachfolger ernannt werden.“ Dann befahl er einem Diener, er solle den Jungen mit dem leeren Topf zu seinem Thron bringen. Als er vor den Zaren trat, lachten ihn alle aus aber der Zar war sehr ernst und sprach: „Dieser Junge wird der neue Zar!“ Der Junge glaubte seinen Ohren nicht was er da hörte und fragte sich wie konnte er der neue Zar werden, wie er nicht imstande war, aus einem Samen eine Pflanze wachsen zu lassen. Der Zar sprach aber weiter: „Vor einem Jahr habe ich euch allen einen Samen gegeben und verlangt, dass ihr mir das mitbringt was daraus geworden ist. Als ihr gesehen habt, dass aus eurem Samen keine Pflanze wuchs, habt ihr einfach einen anderen Samen in die Erde getan. Nur dieser Junge hat mir das mitgebracht was wirklich aus diesem Samen geworden ist. Nämlich nichts, den die Samen, die ich euch gab, waren alle tote Samen. Er ist der einzige der mutig und ehrlich war und mir den toten Samen brachte. Deshalb wird er meinen Zarenreich bekommen.“

Na, ja, soweit mit der Geschichte und Ehrlichkeit in alten, längst vergangenen Zeiten. Wie sieht es heute mit der Ehrlichkeit? Hätten wir einen Zauberspiegel konnten wir reinen Herzens hineinschauen, wenn es um die Ehrlichkeit geht? Ja, heute ist alles anders. Wir greifen immer wieder zu Lügen, um uns beliebt zu machen, anderen zu gefallen oder einfach nur freundlich zu wirken. Wir lehren unsere Kinder immer freundlich und nett zu sein, anderen zu schmeicheln, denn viele mögen eine ehrliche Meinung nicht hören. Auch dann nicht, wenn sie uns ausdrücklich um unsere Meinung fragen. Sind wir ehrlich, werden wir als unfreundlich bezeichnet. Ehrlichkeit zählt in den Augen vieler als Schwäche. Ist sie das wirklich? Meine persönliche Antwort darauf wäre: nein. Für mich ist die Ehrlichkeit eine Tugend, die man bei sich pflegen soll. Deshalb versuche ich immer ehrlich zu sein. Auch so genannte Notlügen versuche ich zu vermeiden. Warum soll ich auf die einfache Frage “Wie geht es dir?“ mit einer Lüge „Danke, gut“ antworten, wenn ich mich schlecht fühle oder miese Laune habe“? Warum soll ich jemandem sagen: „Deine neue Frisur sieht toll aus“, auch wenn ich sie für scheußlich halte? Nur um höfflich zu sein? Ist lügen höflich? Man kann auch die Wahrheit höflich sagen. Zum Beispiel: „Mir persönlich gefällt eine solche Frisur nicht, aber wenn sie dir gefällt, ist sie absolut in Ordnung.“ Ebenso würde ich es sagen, denn für mich ist die Ehrlichkeit, wie ich schon sagte, eine sehr wichtige Tugend, die ich in meinem Leben trachte immer anzuwenden. Und Sie? Wie ist es mit Ihnen? Sind Sie immer ehrlich oder finden Sie eben Grunde, um das nicht zu sein?

 

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